Dienstag, 03.10.
Tag der deutschen Einheit, Feiertag in Deutschland, da können wir eh keine wichtigen Telefonate mehr führen, die Marina ist bezahlt und los geht’s durch den maritimen Nationalpark von Mochima (sprich Motschima), der von der Bucht von Barcelona bis nach Cumana reicht. Die tropisch-grüne, bergige Festlandküste des Nationalparks wechselt von Mangrovenwäldern zu den trockenen Wäldern bis hin zu tropischen Regenwäldern auf den höchsten Erhebungen. Stille Buchten und weiße Sandstrände wechseln sich mit marmorierten, felsigen Steilküsten ab. Der Ort Mochima, in einem 3 Seemeilen tiefen „Fjord“ gelegen, war eine traditionelle Fischersiedlung und wird heute immer interessanter für den Tourismus. Bevor wir vor dem Ort Mochima vor Anker gehen, machen wir noch in einer kleinen Bucht vor dem Fjord einen Zwischenstopp, baden, schnorcheln und schaben ein paar Muscheln vom Schiffsrumpf. Da sind wir mit dem Bewuchs noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Es lebe der 6-7 fache Unterwasseranstrich mit Jotun HB99 von 2001!!! Umgeben von grünen Bergen, liegen wir vor dem Ort Mochima absolut geschützt vor Welle und Starkwind. Das Wasser ist zwar grün, aber sauber. Ein Teil der Seglergemeinde ist wieder hier versammelt, SY Gammeldansker, Verena, Comtessa, Tuulivei, Skylla, alle sind schon hier. Man tauscht sich aus und anschließend testen wir gemeinsam was das Fischerlokal am Strand zu bieten hat.

Am nächsten Morgen fahren wir weiter, und wie schon so oft, wieder unter Maschine, denn Wind und Welle kommen aus Ost und genau da wollen wir hin. Hatten wir nicht mal gesagt, (irgendwo im Mittelmeer?) dass wir nur noch dorthin segeln, wohin uns der Wind treibt? Na ja, was geht uns unser dummes Geschwätz von damals an. Wir wollen in die Laguna Grande, weil da Ulli und Gerdi und die Moby Dick schon auf uns warten, also Motor an und los.
In der riesigen Laguna Grande am Nordufer des Golfo de Cariaco gibt es noch jede Menge Platz für „Nuku’alofa“ und „Tuulivei“. In den vielen kleinen Buchten liegt man zwar geschützt vor dem Schwell, jedoch gibt es immer wieder kräftige Fallwinde die das Schiff hin und her schwojen lassen. Wir liegen hier ziemlich einsam zwischen den rötlichen Berghängen, an denen außer ein paar Sträuchern nichts wächst. Relaxen, schwimmen und am Abend beim Grillfeuer ein gemütlicher Plausch, da kann man es gut ein paar Tage aushalten. Doch wir wollen noch mehr vom Golfo de Cariaco sehen und gehen weiter nach Medregal Village, einer kleinen Hotelanlage, wo auch Segeler gern gesehen sind. Der Dinghi-Steg ist bewacht und auch sonst gibt s viel Service für die Segler, wie z.B. eine Wäscherei, Mitfahrmöglichkeiten zum Markt nach Cariaco am Samstag oder nach Carupano zum Stadtbummel und Einkaufen nach Carupano, sowie die Möglichkeit zum Ein- und Ausklarieren. Der abendliche Seglertreff wird gerne genutzt und man trifft hier Segler aus aller Welt. Ganz unkonventionell schreibt jeder auf den vorbereiteten Zetteln auf, was er getrunken und gegessen hat und an welchen Fahrten er teilgenommen hat. Bedienung gibt es nur im Restaurant und bezahlt wird dann bei Jean Marc, dem Besitzer, am Ende der Woche oder wenn man wieder abreist. Funktioniert offensichtlich ganz prima und das Geld fürs Personal ist eingespart. 

Da der Ankerplatz aber doch recht unruhig ist ziehen wir nach einigen Tagen zusammen mit der Carpe Diem und der Moby Dick noch weiter bis ans Ende des Golfos de Cariaco vor den ehemals wichtigen Hafenort Muelle (Kai) de Cariaco, der heute ziemlich trostlos sein Dasein fristet. Die Kinder und Jugendlichen aus dem Ort rudern zu uns heraus an den Ankerplatz begrüßen uns und fragen auch gleich nach Süßigkeiten, Getränken und Zigaretten. Sie fragen uns ein wenig aus, ob wir zusammengehören, wie viel Leute wir sind usw. So ganz geheuer ist uns das nicht und auch der Ausflug an Land ist nicht gerade berauschend, es gibt keinen vernünftige anlegemöglichkeit und wir haben so unsere Bedenken, wegen unseres Dinghis. Unseren Plan, von hier aus mit dem Bus zu der Höhle von Caripe zu fahren, geben wir dann auf, weil wir das Schiff nicht einen ganzen Tag allein lassen wollen. Statt dessen unternehmen wir mit dem Dinghi eine Ausfahrt in die Mangroven zum "Bird watching" (Vögelbeobachten). Tatsächlich sehen wir die roten Scarlet Ibise, den Nationalvogel von Trinidad, in ganzen Schwärmen herumfliegen. Nach einigem Ausharren können wir sie sogar aus nächster Nähe fotografieren, doch sie halten immer einen respektablen Sicherheitsabstand zu uns, sodass wir nicht das wirklich tolle Knallerfoto schießen können. Der Golfo de Cariaco ist wie so viele Regionen in Venezuela sehr dünn besiedelt, überall gibt es unberührte Natur zu entdecken.

Bei dem Versuch, in dem Hotel und Restaurant Bella Rivera was zum Essen zu bekommen, sind wir dem neuen Besitzer Mauro, einem pensionierten Italiener, auf die Terrasse gestolpert. Pensionär heißt auf Spanisch „jubilate“, ein treffendes Wort für diesen Lebensabschnitt, finde ich. Mauro hat uns spontan ein Glas italienischen Rotwein und anschließend mehrere Gläser/Flaschen Prosecco (Carpené Malvolti) ausgeschenkt und anschließend uns und die anderen beiden Seglercrews für den nächsten Abend zum Grillessen eingeladen, einfach nur so. Er wollte mal wieder, wie in Italien üblich, mit vielen netten Menschen zusammen essen. Um 1/2 6 Uhr am nächsten Abend geht es dann wieder mit Prosecco bis zum Abwinken los. Dann hat der Hausherr eigenhändig das Grillfleisch, vom selbst gezüchteten Schwein, sowie Lomido (Rinderlende), gebraten. Dazu gab es Avocadocreme mit frischem Koriander, Kräuterbutter sowie gegrillten Tomaten und Zucchini, alles schmeckte ganz hervorragend, der französische Rotwein dazu natürlich auch. Wir konnten uns einfach nur ganz brav bedanken. Wir wissen nicht, wie wir uns da revanchieren sollen, aber das erwartet er, wie er sagt, auch nicht. Die Unterhaltung findet in Spanisch, Italienisch und ein paar Brocken Englisch statt, irgendwie haben wir uns mit Wörterbuch, Händen und Mimik wunderbar verständigt. Ein gelungener Abend, einfach nur gut.

Von Medregal Village aus machen wir noch einen Tagesausflug nach Carupano, indem wir Jean Marc in seinem Jeep auf seiner Einkaufsfahrt begleiten. Tatsächlich finden dort auch den im Reiseführer erwähnten wirklich einzig schönen Platz im Ort mit der Kirche und den Häusern im Kolonialstil. Sonst gibt es nichts Erwähnenswertes zu sehen und der Zeit- und Geldaufwand für diese Fahrt hat sich eigentlich nicht gelohnt.

Die Felswand von Isla Chimana Chica vor Puerto la Cruz
Laguna Grande im Golfo de Cariaco.
Gemütliches Grillen in der Abendsonne in der Laguna Grande
(Bild: Ulli Schöllhorn)

Von Puerto la Cruz zurück nach Porlamar

Wir sind wieder zurück in Porto la Cruz, das Schiff ist unversehrt, doch beide Kühlschränke haben ihre Arbeit eingestellt. Glücklicherweise hatten wir nur wenige verderbliche Sachen drin gelassen, der vakuumverpackte Schwarzwälder Schinken von den Kipp’s hat zum Glück keinen Schaden genommen. Für Helmut bedeutet das mal wieder eine größere Baustelle, während Renate sich mit dem Wäschewaschen und Vorräteverstauen vergnügt, trotzdem bleibt uns noch Zeit um nun endlich die von Rainer mitgebrachten Zeitungen ausführlich zu lesen. Für unser neues Dinghy müssen die Davids noch geändert und verstärkt werden. Kurz vor unserer Abreise nach Merida hatten wir es beim „Dinghi-Hospital“ zu einem Schnäppchenpreis (für europäische Verhältnisse) erworben. Auch wollen wir unser „altes Dinghy“ möglichst gut verkaufen, damit wir es nicht auch noch herumschleppen müssen. Tatsächlich meldet sich auf unsere Ansage im Morgennetz auf VHF Kanal 72 eine Interessentin und schwupps haben wir es für 270 € an die Frau gebracht.
Wenn man schon mal in einer Marina liegt, dann kann Helmut auch gleich noch einen Ölwechsel machen und ganz klar, in die Stadt zum Markt müssen wir auch noch mal, um uns mit sagenhaft preiswertem frischen Obst und Gemüse zu versorgen. Aus den Näharbeiten, die Renate sich vorgenommen hat, wird es nichts. Ihre gute zuverlässige Elna-Nähmaschine aus dem Jahr 1984,, eine schweizerische Qualitätsmaschine, fängt bei der ersten Naht an zu qualmen und macht dann keinen Mucks mehr. Nach dem Zerlegen sehen wir dann gleich, dass einige Motorwicklungen durchgebrannt sind. Ihr seht schon, dass es immer wieder so manches zu erledigen gibt, da ist schnell wieder mal eine Woche ins Land gegangen.
Es wird Zeit, dass wir wieder in die Buchten mit klarem, sauberem Wasser kommen, damit wir nach dem Unterwasserschiff sehen können. Die Lagune von Puerto la Cruz ist berühmt und berüchtigt dafür, dass sich am Unterwasserschiff in 4 Wochen ziemlich viel Kalkwürmer und Muscheln festsetzen und nebenbei bemerkt, mal wieder im Wasser zu plantschen und schnorcheln zu können ist natürlich auch nicht zu verachten.

Das östliche Ende des Golfo de Cariaco ist bekanntes Vogelreservat. Hier kann man sehr viele Vögel aus unmittelbarer Nähe beobachten, auch wenn die Annäherung auf "Fotoschußweite" sehr schwierig ist. Die Vögel sind zwar nicht scheu, halten aber immer einen gewissen Sicherheitsabstand den man nicht unterschreiten darf.
Gastgeber Mauro am Grill. Er bewies uns, dass er gutes Essen auch selbst zubereiten kann (Bild: Ulli Schöllhorn)
Die Hotelanlage Medrigal Village steht leider überwiegend leer
Die Häuser aus der Koloninialzeit sind noch gut erhalten. Auch in Venezuela tragen die Schüler Uniform

Dienstag 17.10.06:

Für uns wird es Zeit, sich auf den Rückweg nach Porlamar zu machen, doch zuvor wollen wir in Cumana noch Diesel und Benzin für den Außenborder tanken. Wir haben von anderen Seglern erfahren, dass das Diesel hier 48 Bs (1,6 €-Cent!!) und das Benzin 70 Bs (2,2 €-Cent!!) kostet. Da  m ü s s e n  wir zuschlagen und die Tanks vollmachen. Wir bleiben über Nacht in der Marina Cumanagoto am Steg, bunkern auch noch kostenlos Frischwasser und zahlen für den Liegeplatz 26.000 Bs (8,70 €). Dafür kriegt man am Bodensee heutzutage auch keinen Liegeplatz mehr. Mit dem Taxi (7.000 Bs = 2,20 €) lassen wir uns dann zur Festung Castillo San Antonio fahren, von wo wir einen herrlichen Blick über die Stadt und die gegenüberliegende Halbinsel Araya haben. Dann bricht ein Gewitterregen los und wir schauen uns gezwungenermaßen eine Fotoausstellung über Venezuela im nahe gelegenen Museum an. Die Bilder sind so beeindruckend, sie zeigen einen Querschnitt durch alle Regionen Venezuelas und animieren uns dazu, dass wir uns vornehmen, in der nächsten Saison (ab Juni 2007) auf jeden Fall noch einige Monate in Venezuela zu verbringen. Die 50 Sm nach Porlamar schaffen wir problemlos in 9 Stunden. Da wir früh um 6.00 Uhr losfahren, haben wir nur wenig Strom und auch fast keinen Wind und Welle gegen uns. Am Ankerplatz dann das großes Wiedersehenfest mit all den anderen deutschen Seglern, die schon bei den Vorbereitungen für den Sprung zurück in den karibischen Inselbogen sind.

Auch wir werden sogleich aktiv, bestellen beim Segelmacher ein Cover (Schutzüberzug) für unser neues Dinghi, damit die Schläuche nicht an jedem Steg angekratzt werden. Und tatsächlich schafft es Simon innerhalb von 1 Woche ein perfekt sitzendes wunderschönes blaues Cover zu nähen und das zu einem wirklich günstigen Preis von 160 US$. Für den neuen 15 PS Yamaha Außenborder, den wir bei Marina Juan bestellt haben, näht er auch noch gleich eine Schutzhülle und Hebegurte, damit wir das 40 kg schwere Monsterteil von Motor auch an Bord heben können. Am Donnerstag ist es dann soweit, der Motor kann bei Juan abgeholt werden und Helmut’s Dinghi-Glück steht nichts mehr im Weg. Wie ein geölter Blitz jagt er durch die Anchorage, auch mit 3 Personen kommt es noch in Gleitfahrt. Da ist es gar kein Problem mehr, eben mal zur Wäscherei auf die andere Seite der Bucht zu fahren oder schnell noch die Tauchflaschen füllen zu lassen. Doch das wichtigste kommt erst noch, das Bierbunkern. Da es in den Supermärkten bei Sigo und Rattan kein Polarbier zu kaufen gibt, hat die Crew der SY September die Initiative ergriffen und direkt bei der Brauerei eine Sammelbestellung für 7 Schiffe aufgegeben. Am Samstag trifft dann ein ganzer LKW mit Polardosenbier in 24er Paletten ein. Mit dem neuen großen Dinghi ist der Transport zum Schiff kein Problem, doch das Verstauen an Bord ist dann echt schweißtreibend, denn wir wollen die Plastik- und Wellpappeverpackung natürlich wegen der Kakerlakengefahr nicht mit an Bord nehmen.

Polarbiertransporter in verschiedenen Ausführungen und Größen. Die Firma Polar unterhält eigene Fähren um die mit Polarbier beladenen LKW's nach Margarita zu bringen.

Unser neues Dinghi (hier noch mit kleinem Motor und ohne Schutzbezug) wird ebenfalls als Polarbiertransporter zu den Schiffen eingesetzt.

Bei Sigo kaufen wir große Mengen Grundnahrungsmittel, wie Nudeln, Reis, Kaffee, Butter, Eier, Saft, Zwiebeln, Kartoffel usw. ein. Beim Unicasa decken wir uns dann mit frischem Lomido, Solomo (Rostbraten) und reinem Rinderhackfleisch (aus Pulpa de Negro) ein. Das Fleisch vakuumieren wir ein bzw. die weniger schönen Teile werden geschnetzelt und wandern ins Einweckglas. Das Hackfleisch brate ich kurz in der Pfanne an, gebe Tomaten aus der Dose dazu und koche diese Mischung, allerdings ohne Zwiebeln, auch im Einweckglas 20 Minuten ein. Das Fleisch hält dann ohne Kühlung mindestens ein halbes Jahr. Wir haben Rinderbraten vom Dez. 2005 aus Teneriffa vor einigen Tagen gegessen, er hat noch ganz hervorragend geschmeckt. Bei den günstigen Preisen hier in Venezuela muss man sich einfach bevorraten. Am 31.10. findet in der Sun Set Bar eine Halloween Party statt, für uns ist es das Abschiedsfest von Porlamar und Venezuela, denn am 01.11. ist das Wetterfenster gut für den Sprung zu den Testigos und in den Inselbogen. Nur unser Diesellieferant hat uns hängen lassen und wir müssen am Morgen bis 8.30 Uhr warten, bis er mit unseren Benzinkanistern und der Auffüllladung Diesel kommt. Alle anderen 5 deutschen Schiffe sind schon zwischen 6 und 7 Uhr losgegangen. Da man meistens die gesamte Strecke bis in den Inselbogen wegen der Ostwindlage motoren muss, braucht man nicht nur volle Tanks, sondern auch noch einige Kanister an Bord, damit man von dem billigen Sprit auch im Inselbogen noch etwas hat. Doch auch wir schaffen die Strecke bis zu den Testigos noch bis abends um 20 Uhr, die Ankerbucht im Norden der Isla Grande kann auch bei Dunkelheit gut angelaufen werden, außerdem haben die vor uns eingetroffenen Schiffe eine regelrechte Lichterkette für uns angemacht.

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